Ausschnitt aus dem Karlsruher Stadtplan, 1934, Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Unrecht & Profit
Das Badische Landesmuseum im Nationalsozialismus
Scheinbar unverdächtig – das war lange Zeit die Rolle, die man Museen während der NS-Zeit zuschrieb. Ja, mehr noch: Durch den staatlich angeordneten Entzug von Objekten („Entartete Kunst“) galten sie sogar als Opfer. Doch mit der „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ 1998 setzte sich die Erkenntnis durch: Alle Museen und kulturgutbewahrenden Institutionen profitierten erwiesenermaßen vom Raub an Kulturgütern aus jüdischem Eigentum. Nun stellt sich das Badische Landesmuseum seiner Vergangenheit.
Die Ausstellung zeigt rund 70 Objekte aus den eigenen Sammlungen: Keramik, Malerei, Skulpturen und Textilien von der Antike bis zum Jugendstil. Die erstmals präsentierten Exponate sind allesamt während der NS-Zeit ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen worden: Sie verdeutlichen, in welchem Maße das Badische Landesmuseum von der Beraubung der jüdischen Bevölkerung profitierte. Ein Schwerpunkt liegt auf den Jahren 1933 bis 1945. Aber es werden auch zwei Erwerbungen der 1970er-Jahre vorgestellt.
Ein weiteres Thema der Ausstellung ist die Funktion des Museums als bildstarke Kulisse: Das ehemalige Residenzschloss stand im Zentrum politischer Aktionen des NS-Regimes und die Schlossfassade sowie der Platz davor wurden für Kundgebungen genutzt. Die Ausstellungsgestaltung veranschaulicht darüber hinaus die Arbeit der Provenienzforschung: Großformatige Abbildungen von Zeitungsausschnitten, Entzugslisten und Pressefotos erklären die Quellenlage und geben wichtige Anhaltspunkte bei der oft jahrelangen Spurensuche …
Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation (Nünnerich-Asmus Verlag & Media, 127 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Museumsshop 24 Euro).
Bildergalerie











Das rosa Kaninchen: Textauszug aus dem Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, Plüschhase, Margarete Steiff GmbH, Giengen an der Brenz, 1960er Jahre, Leihgabe aus Privatbesitz © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Dame in der Theaterloge: Ölfarbe, Leinwand; Deutschland (?), um 1900, Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Wandbehang, Ausstellungsimpression: Wolle, Seide, Leinen; Manufacture nationale des Gobelins Paris, um 1620; Der Wandbehang stammt aus der 2021 an die Erben restituierten Sammlung von Dr. Ernst Gallinek. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Puppen-Kaffeeservice, Porzellan, bemalt, Porzellanmanufaktur Meissen, Mitte 19. Jahrhundert. Das Service wurde vermutlich 1940 auf einer Versteigerung gekauft. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Film-Station, Ausstellungsimpression: 1) Zeitgenössische Dokumentation „Ehrentage der NSDAP“ produziert von der Gaufilmstelle der NSDAP Baden, 1934. 2) Filmische Interpretation des Buches „Kaddisch für Ruth“ durch Katharina Zarth und Marc Eberhardt aus dem Jahr 2013. © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Konzertflügel: C. Bechstein; Berlin, 1902/1905; Entwurf: Mackay Hugh Baillie Scott; Eiche, Zinn, Perlmutt; Der Flügel befand sich einst im Musiksalon der Villa von Dr. Richard Kahn-Starré (1862–1945) in Mannheim. Die Ausstattung des Salons wurde um 1905 nach Plänen von M. H. Baillie Scott (1865–1945) gestaltet. Das Museum erwarb den Flügel im Jahr 1971 von der Karlsruher Loge „Leopold zur Treue“. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Ausstellungsimpression „Unrecht & Profit“, Blick auf eine Skulptur und zwei Gemälde: Der Container verdeutlicht den Entzugskontext der „Mannheimer Lifts“: Die Objekte stammen aus Umzugsgut deportierter jüdischer Bürgerinnen und Bürger. © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Die Münzsammlung von Clara Sigmann-Seidel: Clara Sigmann-Seidel (1886-1965) übergab die Münzsammlung ihres verstorbenen Mannes unter Zwang als „Schenkung“ an das Münzkabinett des Badischen Landesmuseums. Die leeren Münzpappen sind sowohl Zeugnisse des unrechtmäßigen Entzugs als auch ihrer Restitution an die rechtmäßige Eigentümerin. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Kaminuhr mit Skulpturengruppe: „Paris und Hermes“ (Parisurteil), Alabaster, Messing; Frankreich oder Italien, um 1830; 1941 aus dem Kunsthandel erworben. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Mörser mit Inschrift: Bronze, Wilhelm Hachmann; Kleve, 1580; Der Mörser ist mit den Inschriften „int.iaer.ons.heren.m.vc.lxxx“ [Im Jahre unseres Herrn 1580] und „IN.DEO.SPES.MEA.“ [Meine Hoffnung liegt in Gott] versehen. 1942 aus dem Kunsthandel erworben. Badisches Landesmuseum © Badisches Landesmuseum, Foto: ARTIS – Uli Deck
Das Badische Landesmuseum zeigt Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus. Im Kontext der Ausstellung sind historische Quellen unverändert im Original zu sehen. Wir distanzieren uns ausdrücklich von der Ideologie des Nationalsozialismus sowie von rechtswidrigen und diskriminierenden Inhalten aller Art, die im Rahmen dieser Ausstellung wiedergegeben werden.